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Schreibatelier Frölich

Michaela Frölich - Publizistin M.A.

Mein Jahresrückblick 2023: Die transformative Kraft des Schreibens

Mit jedem Text, der durch meine Feder fließt, verändert sich meine Welt. Schreiben hat eine transformative Kraft. Das Denken verlangsamt sich, die Gedanken sortieren sich, Erinnertes gewinnt eine Distanz zum Erlebten, sobald es auf dem Papier steht. Mit jeder Biografie, die ich schreibe, lerne ich andere Welten kennen, höre ich die einzigartige Melodie des Erzählenden und sehe ich seine Lebensbilder vor mir, die er zeichnet, während er seine Erinnerungen teilt.  Wenn ich heute meinen Jahresrückblick schreibe, weiß ich, dass das bestimmende Thema in dem vergangenen Jahr die transformative Kraft des Schreibens und des Reisens war. Denn nach jedem Text, der aufs Papier geflossen ist, hatte ich etwas dazugewonnen oder hatte sich etwas aufgelöst. Es ist wie auf einer Reise, man begibt sich auf einen Weg, erlebt etwas und ist danach ein anderer, nicht in den großen Zügen, aber in den feinen.

Die Eckdaten für den Jahreslauf standen Ende des letzten Jahres im Kalender, weil ich meine Seminare und Kurse mehrere Monate im Voraus plane, Auftragsarbeiten und Projekte über einen langen Zeitraum laufen. Was ich noch ausloten konnte zu Beginn des Jahres, war das „Wie“. Wie will ich in diesem Jahr meine Arbeiten ausführen und wohin möchte ich mich mittel- und langfristig ausrichten? 2023 wollte ich weitere Ebenen meiner biografischen Tätigkeit ausfüllen, meine Arbeit als Biografin tiefer durchdringen, in Form, in Stil und in Struktur und in Didaktik, was meine Tätigkeit als Dozentin angeht. Durch die Aufträge, die ich angenommen hatte, und private Vorhaben, war mir bewusst, dass ich zudem viele Kurzreisen unternehmen würde. Das würde mit Ortswechseln verbunden sein und mich darin üben, immer wieder loszulassen ..

In Bewegung durch Reisen

Wenn ich darauf zurückblicke, was mein Jahr 2023 wie einen roten Faden durchzog, dann waren es die vielen kleineren Reisen, die ich unternahm – beruflich und privat. Mein kleiner und mein größerer Koffer und ich waren viel unterwegs. Von Süd nach Nord und innerhalb von Deutschland lagen die Ziele. Oft reiste ich mit der Bahn. Wenn sich die Verspätungen im Rahmen halten, reise ich sehr gerne mit der Bahn,  da ich auf der Zugfahrt Ideen sammeln und skizzieren kann. Es ist wie ein Loslassen und auf der Strecke zwischen zwei Orten ergibt sich ein kreatives Niemandsland. Ich mag es. Abenteuerlich wurde es jedoch jedes Mal, wenn ich von einem biografischen Interview in Bonn zurückfahren wollte. Die Lautsprecherdurchsagen vermittelten im Fünf-Minuten-Takt neue Gründe, warum ein Zug sich verspätet, nochmal verspätet auf einem anderen Gleis abfahren wird, um dann schließlich mit Bedauern die Zugverbindung ganz abzusagen … Nun gut, ich bin jedes Mal wieder nach Hause gekommen, wenn auch mit großen Verspätungen.

Was mir sehr gut gefällt an Kurzreisen, egal ob beruflich oder privat, dass für eine kurze Zeit Abstand zum Alltag entsteht. So finden kleine Lücken statt, in denen Gedanken sich sortieren, neue Impulse ankern oder fortgeführt werden können.

Mitglieder- und Netzwerktreffen 

Biographiezentrum

Im Frühjahr reiste ich nach Schwarmstedt, einen Ort, den ich bis dato noch nicht kannte. Schwarmstedt liegt in Niedersachsen, am Rande der Lüneburger Heide. Ein beschaulicher Ort, an dem unser diesjähriges Mitgliedertreffen vom Biographiezentrum stattfand. Es gab Fortbildungen von „F“ wie Firmengeschichten und Familienforschung bis „S“ wie Seminarkonzeption und Social Media Marketing, Austausch, Freude am Zusammensein und Ausblick auf weitere Vorhaben.

Am Abend hatten wir eine wunderbare öffentliche Lesung im Uhle-Hof. Wir durften uns über ein sehr interessiertes Publikum freuen und darüber, dass alle Plätze besetzt waren. Unsere Kollegin Irina Kasprick hatte als Programm ein „Biografisches Allerlei“ aus dem Mitgliederkreis zusammenstellt. Wir lasen aus Biografien vor, Kolleginnen präsentierten Ausschnitte aus Filmbiografien, eine Biografin zeigte verschiedene Layout-Beispiele für Buchseiten u.v.m.

LebensMutig e.V.

Im November, nochmals im Norden, fand das Netzwerktreffen von LebensMutig e.V. statt. Wie bei dem Mitgliedertreffen vom Biographiezentrum reisten auch hier Menschen aus ganz Deutschland und Österreich an, um sich über Biografiearbeit auszutauschen, miteinander zu lernen, Erfahrungen zu machen, zu lachen und zu tanzen, zu gestalten und auch loszulassen. Besonders gefreut habe ich mich, Mitglieder zu treffen, mit denen ich ehrenamtlich bisher nur online zusammengearbeitet hatte. Wir feierten, dass unsere neue Vereinswebsite nach mehreren Monaten intensiver Arbeit zu Beginn des Monats online gegangen war, und ich persönlich, dass viele meiner Ideen, wie der lebensmutige Blog, den ich betreue, umgesetzt worden sind. Welch eine Freude.

Selbst als erfahrene Biografin mit reicher Berufs- und Lebenserfahrung konnte ich wertvolle Erfahrungen in verschiedenen Workshops machen. Meine Kollegin Annette Quentin führte uns in die Genogrammarbeit ein, wo wir die Konstellationen unserer Herkunftsfamilien erforschten und der Komplexität der Verflechtungen nachspüren konnten. Auch wenn ich als Autorin für „Familiengeschichten schreiben … für dummies“ mich damit schon des Öfteren auseinandergesetzt habe, erfuhr ich auch dieses Mal wieder einen neuen Blick auf meine Familie. Ich konnte deutlich wahrnehmen, wie sich in der weiblichen Linie das Thema von Hochsensibilität durchzieht. Unsere Kreativität hatte Gelegenheit sich auszuprobieren, als wir an einem vielfältigen „Materialien-Buffet“ unsere Zutaten für ein persönliches Collagenheft zusammenstellten. Ich liebe diese spielerische Arbeit mit Bildern, Textschnipseln, Stoffen, Stempeln und vielem mehr, weil sie Zusammenhänge verdeutlicht, jedes Mal aufs Neue.

Auszeiten

Norddeutschland: Besuch bei lieben Freunden, die sich in Tolk einen zweiten Wohnsitz aufgebaut haben. Von dort aus besuchten wir Schleswig, Flensburg, die Ostsee, die Nordsee und Dänemark. Was mich bei dieser Reise am meisten berührte? Wir kennen uns seit mehr als 30 Jahren, ich war Trauzeugin bei ihrer Hochzeit und obwohl wir unterschiedlich unterwegs waren, konnten wir den Kontakt halten, mal mehr, mal weniger … die letzten Jahre seltener. Und doch waren wir uns in dieser Woche so selbstverständlich nah, als wären die vorhergehenden Jahre nicht gewesen. Was war noch ein Highlight? Völlig überraschend hielten wir an einem Stück blühender Heide in Dänemark an: die lila, rote Farbe, der süßliche Duft, das Licht … ein Bienenkorb, summende Insekten, Duft von Honig, weicher Sandboden … so schön … Ein Highlight war der gemeinsame Besuch des Shelter Festivals in Eggebek. Auch wenn an dem Nachmittag die Welt unterzugehen schien, weil es ohne Ende regnete und stürmte, war das Konzert von Fools Garden überwältigend …

Die Seele des Weins

Der Rheingau hat eine ganz besondere Atmosphäre. Ein Tagesausflug an den Rheinsteig ist wie ein Kurzurlaub für mich. Der Blick über die Weinberge, am Horizont das Rheintal und die Bilderbuchwolken am Himmel, ein Glas kühlen Riesling Sekt oder einen wohltemperierten Roséwein zu genießen, einen köstlichen Imbiss dazu einnehmen zu dürfen, ist nicht nur für meine 90-jährige Mutter eine große Seelenfreude, sondern auch für mich. Auch die Weinbaugebiete in der Pfalz haben ihren Charme, wie ich mit meiner Tochter unter anderem in Maikammer erleben durfte – Weinkultur hat wirklich eine feine Schwingung.

Besonderes Licht

Besonders beeindruckt hat mich meine Kurzreise nach Sylt. Eigentlich hatten wir eine Reise nach Florenz über meinen Geburtstag geplant, doch dann hatte meine liebe Begleitung ihre Kurzusage erhalten mit Station in Westerland. Auch Sylt ist natürlich eine Reise wert und ich plante spontan um, ein, zwei Tage gemeinsam, die anderen Tage Ruhe für mich. Ich war früher schon zweimal auf Sylt gewesen und hatte es in guter Erinnerung, der Strand, das Meer, die Luft, die Dünen … Doch was ich nicht erinnerte, war das grandiose Licht, was ich erlebte. Trotzdem es meist bewölkt war, es war im Oktober, war es unglaublich hell. Das Licht hat mich wirklich total geflasht und ich kann es noch immer spüren, denn zu sagen, ich sehe es, würde diese Wahrnehmung nicht allumfassend umschreiben.

Für die Seele und den Geist

Mein jährliche Meditationswoche fand dieses Jahr in Kirchschlag bei Linz statt. Somit kann ich einen Auslandsbesuch in diesem Jahr mit Österreich dazufügen. Das Seminarhotel lag außerhalb mitten im Grünen auf einer Anhöhe gelegen und bei guter Sicht hatten wir den Blick frei auf die Alpen. Diese Woche mit Meditation, Yoga, Marmatherapie, ayurvedischem Essen und vielen sehr interessanten Vorträgen hat mich seelisch als auch körperlich sehr genährt und tiefenentspannen lassen.

Zwei Programmpunkte sind mir nachhaltig in Erinnerung geblieben: Der Vortrag von Prof. Bruno Buchberger, der im Alter von 23 Jahren die Theorie der „Gröbnerbasen“ erfand. Nicht das ich damit im Vorfeld damit, hätte etwas anfangen können. Ich erwähne das nur, weil es ein Verfahren der Computer-Mathematik ist, das weltweit in allen modernen mathematischen Software-Systemen integriert. Er hielt einen Vortrag über „KI und KI, Künstliche Intelligenz und Kreative Intelligenz“, was den Spuk, der sich bis dato in meinem Kopf zur AI noch bewegte, auflösen konnte. Begeistert und mit viel Charme referierte er so anschaulich, dass ich ihm noch Stunden hätte zuhören können. Am nächsten Tag zeigte er sich von seiner künstlerischen Seite, als er mit dem Saxophon auf einer Dachteressae mit seiner Jazz-Band auftrat. Sehr schwungvoll.

Genauso begeistert referierte Dr. Wolfgang Schachinger über ayurvedische Medizin und Ernährung als wesentlicher Baustein für eine gut funktionierende Immun-Abwehr. Was ich schon im Rahmen einer Detox-Online-Kur erfahren hatte, erlebten wir an diesem Abend ebenso. In engelsgleicher Geduld beantwortete er nach dem Vortrag hunderte von Fragen, klar und präsise. Mein ayurvedisches Wissen wächst.

Über das Leben schreiben, verwandelt

Das Kernstück meiner Arbeit ist das Schreiben von Lebensgeschichten im Biografie-Service. Oft bin ich als sogenannte „Ghostwriterin“ unterwegs, das heißt, ich erfasse in einer Anzahl von Interview-Treffen die Geschichte der Erzählenden und verfasse aus deren Perspektive die ganz persönliche Lebensgeschichte. Nicht alle Biografien erscheinen in meinen Referenzen, da manche absolut privat sind.

Ein Leben erzählt in einem Jahr?

Manche Biografien brauchen mehr als ein Jahr oder anderthalb Jahre, bis sie gedruckt als Buch in den Händen der Erzählenden und deren Familienangehörigen liegen. Für viele ist es natürlich das erste Mal, dass sie ein Buch „schreiben“ und oft bleibt es auch das einzige Mal. Es ist also ein ganz großartiges und umfassendes Erlebnis, im Rückblick das eigene Leben noch einmal zu durchleben und für die ausgewählte Leserschaft zu bearbeiten. Der Lebensstoff wird nach der Verschriftlichung nochmals an verschiedenen Stellen durchdacht, mit Fotos und Dokumenten ergänzt, bis er ganz und gar stimmig und interessant zu lesen zwischen zwei Buchdeckeln bewahrt verewigt worden ist. Aber es gibt auch Biografien, die in einem kürzeren Zeitraum entstehen.

Von 100 bis mehr als 400 Seiten

2023 erschien unter anderen die bisher umfangreichste Biografie, die ich bisher verfasste, mit 442 Seiten. Mehr als zwei Jahre haben wir zusammengearbeitet, um die Lebenserzählungen aufzunehmen. Der Erzähler hatte bereits eine übersichtliche Struktur vorbereitet, welche Themen er in seiner Biografie festhalten wollte. Die Familie war von klein auf ein wichtiger Bestandteil seines Lebens, schon früh half er im elterlichen Betrieb mit, schwamm sich frei mit einer Banklehre und einem darauf aufbauenden Studium. Karriere machte er bei den Genossenschaftsbanken, wo er eine bahnbrechende Erfindung entwickelte. Ehrenamtliches Engagement in unterschiedlichen Bereichen, vielseitige Interessen und Reisen in die ganze Welt begleiteten sowohl seine Berufsjahre als auch die späteren Jahre. Grund genug, um mehr als 400 Seiten zu füllen.

 

Buchcover Ein Leben für die Familie

Sehr berührend ist es für mich, wenn ich nach mehreren Jahren von einem meiner Kunden noch mal eine Rückmeldung bekomme, wie zu Weihnachten dieses Jahres: „Vielen Dank für Ihre einfühlsame Hilfe bei der unvergesslichen Verwirklichung eines wichtigen Abschnittes in meinem Leben.“ Ich habe zu danken, für das in mich gesetzte Vertrauen und die vielen wahrhaftigen Stunden der Begegnung.

Lesen bereichert

Habe ich das geschrieben, dass ich Bücher liebe? Auch wenn ich den ganzen Tag mit Texten arbeite, werde ich nicht müde, in meiner „freien“ Zeit zu lesen. Und ich merke immer wieder, dass es mir fehlt, sollte ich mal ein paar Tage kein Buch aufgeschlagen haben. Ein Leben ohne Bücher, wäre ein armes Leben für mich.

Mit dem wunderbaren Buch von Jane Goodall „Das Buch der Hoffnung“ bin ich lesend ins neue Jahr gestartet. Diese warmherzige und kluge Frau erzählt im Gespräch mit Douglas Abrams aus ihrem Leben und vermittelt so berührend aus Erfahrung, dass wir mit Hoffnung und Entschlossenheit uns vielem entgegenstellen können, auch in diesen schwierigen Zeiten, in denen wir uns befinden. Wie ein feingliedriges Netz durchziehen Textpassagen, die Mut machen, ihre Erinnerungen, denn auch Jane Goodall musste viele Herausforderungen in ihrem Leben meistern, angefangen mit ihrer Zeit, als sie in den Gombe-Wäldern Tansanias das Leben der Schimpansen studierte.

Sehr feinfühlig beschreibt Edda Singrün-Zorn in „Das Lied der Arve“ das Leben eines Geigenbauers. Berührt daran hat mich, dass er in der Lage war, das Besondere ein jeder Landschaft in Tönen innerlich zu hören und den spezifischen Klang beim Bau der jeweiligen Geige einfließen zu lassen. Zauberhaft, seelisch tiefgehend – bleibt in Erinnerung. 

Christa Wolfs Werk „Ein Tag im Jahr: 1960-2000“ ist ein Begleiter übers Jahr gewesen. 40 Jahre lange schilderte sie wiederkehrend, die Erlebnisse und ihr Innenleben eines bestimmten Tages im Jahr. Ein Projekt, was ich mir gut vorstellen kann, aufzugreifen, auch wenn es bei mir vermutlich keine 40 Jahre mehr werden.

Naturgemäß gehören auch Biografien zu meiner Lektüre. In diesem Jahr las ich mehrere Musikerbiografien, was zur Vorbereitung auf ein Buchprojekt diente. Ein Buch, was schon länger auf meiner Leseliste stand, war „Broken Music“ von Sting. Allein der Titel hat mich schon neugierig gemacht. Die lebendige, oft tiefgehend Sprache, die immer wieder Raum für Metaphern freigibt, gefällt mir gut. „Sonnenseite“ von Roland Kaiser, seine Autobiografie, öffnet den Blick hinter die Kulissen, was von einer guten Autobiografie zu erwarten ist. Die Geschichte als solche, dass er nur durch einen Zufall seine Stimme und das Potenzial zum Schlagerstar entdeckt, und dann seinen Weg bis zur „Kaisermania“ nicht mehr verlässt, trotz gesundheitlich, erheblicher Einschränkungen, berührte mich. Ich habe noch einige andere Musiker- bzw. Bandbiografien gelesen, die mich allerdings nicht überzeugten, weswegen ich sie hier nicht erwähne.

Die Neuerscheinung von Karl Ove Knausgard, einer meiner Lieblingsschriftsteller, „Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit“ ist wieder große Erzählkunst. Ich mag die Ruhe, die seine Bücher ausstrahlen, weil er sich Zeit lässt, wenn er die Geschichte peu á peu aufblättert und einen tief in das Innenleben des Protagonisten eintaucht. Spannend, mysteriös und nachdenklich.

Seminare & Kurse

Dozentin an der Akademie des Biographiezentrums

Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie ich vor vielen Jahren begonnen habe, Lebensgeschichten im Biografie-Service aufzuschreiben. Gerade in der Anfangszeit war mir das Biographiezentrum eine große Unterstützung. Im Austausch mit Kolleg:innen und bei den fachlichen Fortbildungen auf den Mitgliedertreffen konnte ich viel für meine Arbeit als Ghostwriterin mitnehmen. Heute verfüge ich über eine weitreichende Kompetenz und freue mich sehr, dass ich mein Wissen und meine Erfahrungen an zukünftige Biograf:innen weitergeben kann. 2023 war ich das erste Mal als Dozentin in der Ausbildung für Auftragsbiograf:innen in der Akademie des Biographiezentrums tätig. Die Zusammenarbeit mit Dr. Andreas Mäckler, Leiter des Biographiezentrums, der diese Ausbildung bereits viele Jahre durchführt, war sehr bereichernd, weil wir uns sehr gut ergänzten. Die erste Gruppe fand online statt, die zweite in Präsenz. Es war eine gute Erfahrung, abseits vom Alltag, im Tagungskloster Höchst im Odenwald mehr als eine Woche den Ausbildungsstoff zu vermitteln. Es hat riesig Spaß gemacht und die erste Teilnehmerin hat bereits ihr Referenzprojekt fertiggestellt – eine Biografie gedruckt als Buch. Herzlichen Glückwunsch, liebe Ina.

Online-Treffen zu Themen rund ums Schreiben von Biografien

In der Corona-Pandemie begannen wir monatlich ein Online-Treffen für die Mitglieder des Biographiezentrums durchzuführen. Jeden ersten Montag im Monat bereite ich ein Thema rund ums Schreiben von Biografien vor, greife damit Fragen und Themen der Mitglieder auf, und moderiere die Zusammenkünfte, sodass jeder am Ende etwas mitnimmt. Ich kann es kaum glauben, dass wir Ende dieses Jahres bereits das 28. Treffen hatten.

Zurückblicken, um das Morgen zu stärken

Für die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck leitete ich in Fulda das Atelierseminar „Sich dem Neuen im Leben öffnen. Biografiearbeit für Menschen ab der Lebensmitte“. Wir alle stehen vor einer riesigen Transformation in so vielen Bereichen, angefangen von der Digitalisierung, dem Einsatz von KI, Klimawandel und, und, und. Wir müssen umdenken, mitgehen, uns bewegen und wandlungsfähig bleiben oder werden. Gerade die Generation der älteren Menschen ab der Lebensmitte tut sich nicht immer so leicht damit. Die Teilnehmenden waren offen, ließen sich ermutigen, Erfahrungen aus allen Lebensphasen als Ressourcen in den Blick zu nehmen. Das stärkte die Erkenntnis, dass wir von klein auf, alle doch gefordert sind, uns immer wieder dem Neuen im Leben zu öffnen. Mittels Kreativitätsübungen, biografischen Schreibens, eines Bibliologs, den die Organisatorin Dr. Heike Radeck durchführte, und Imagination konnten alle Seminarteilnehmer:innen ihre Lebensfrüchte ernten und gestärkt wieder zurück in ihren Alltag reisen.

Journaling – achtsam die Gegenwart wahrnehmen

Wie das Seminar zur Biografiearbeit diente auch der Journaling-Nachmittag der Selbstfürsorge und Selbstachtsamkeit, veranstaltet vom Evangelischen Regionalverband Frankfurt und Offenbach, Erwachsenenbildung und Seniorenarbeit. Beim freien Schreiben wurden sich die Teilnehmenden ihrer Gedanken und Gefühle bewusst. Fragen und Impulse vertieften die Wahrnehmungen, im Austausch konnte die Bedeutung für das eigene Leben reflektiert werden und zum Abschluss in Wünschen und Zielen formuliert werden.

Meditatives Schreiben … für die Seele

Schon seit 2011 leite ich Seminare zu meditativem Schreiben. Was das genau ist? Meditatives Schreiben ist eine Methode der Achtsamkeit. Es verlangsamt den Strom unserer Gedanken und beruhigt unseren Geist. Es ist ein kreativer Prozess, der verlangsamt und unterstützt, Klarheit zu erlangen und tiefe Einsichten zu gewinnen. Die Texte, die dabei entstehen, unterscheiden sich sehr von denen, die wir im Alltagsbewusstsein formulieren. Es ist mehr als Tagebuch schreiben, intensiver als Journaling und zutiefst entspannend. Jedes Mal widmen wir uns einem anderen Thema, passend zur Jahreszeit oder energetischen Zeitströmungen.  Zwei Blog-Artikel findest du auf meiner Website: Grundlagen des meditativen Schreibens und Wie Sie mit meditativem Schreiben Ihren inneren Frieden wiederfinden. Seit Mitte dieses Jahres biete ich das meditative Schreiben online an, sodass sich Teilnehmende von überall dazuschalten können, monatlich am ersten Donnerstagabend.

Das eigene Leben aufschreiben

Autobiografisches Schreiben ist ein Kursthema, das so viele Menschen interessiert. Auch wenn sich die meisten Programmangebote an Menschen ab der Lebensmitte oder Senior:innen richten, erlebe ich immer wieder, dass auch viele jüngere Menschen sich anmelden. Da gibt es zum Beispiel Mütter, die über ihre Kinder schreiben möchten, oder junge Erwachsene mit Migrationshintergrund, die die Verbundenheit mit ihren Herkunftsfamilien über das autobiografische Schreiben bewahren möchten. 

Zu den Kursteilnehmenden gehören auch Mitdreißiger, die schon so viel erlebt haben, dass sie mit ihren Lebensgeschichten mehr als ein Buch füllen könnten oder Erfahrungen gemacht haben, die sie verarbeiten und weitergeben möchten, an Menschen, die ähnliches erlebt haben.

 Manche Teilnehmende steigen mit einem Einführungsseminar an, wie ich sie an der Volkshochschule Frankfurt gebe, andere haben ein festes Commitment mit sich selbst, ihre Lebensgeschichte als Ganzes aufzuarbeiten und niederzuschreiben. Sie nehmen an dem viersemestrigen Kurs „Autobiografisches Schreiben I bis IV“ an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Studieren Plus teil. 2023 startete ich bereits mit dem sechsten Durchlauf. Da die Teilnehmerzahl dort auf maximal 15 begrenzt ist, öffnet sich der Schreibraum auch für individuelle Fragen rund um die zu verfassende Autobiografie.

Glücksgeschichten & kreatives Schreiben

In die zweite Runde ging das Projekt „Glücksgeschichten“ vom Arbeiter-Samariter-Bund Wiesbaden. Anders als im Vorjahr war es in diesem Jahr schwierig, das Projekt zu starten. Erst verzögerte sich der Schulungsbeginn, dann gestaltete es sich schwierig, Glückserzähler:innen zu gewinnen, und die hochmotivierten Glücksschreiberinnen, die ich schließlich Anfang des Jahres in Blockseminaren schulen konnten, brauchten viel Ausdauer, bis sich die passenden Paare mithilfe der Ehrenamtskoordinatorin zusammengefunden hatten. Nächstes Jahr wird es eine dritte Runde geben und es werden wieder Interessierte gesucht, die gerne zuhören und schreiben, um sich als Glückschreiber:innen ausbilden zu lassen. Mehr Informationen zum Projekt finden sich in meinem Blog-Artikel und auf der Auschreibungsseite des ASB Wiesbaden.

Auch in diesem Jahr besuchte ich einmal pro Monat die Henry und Emma Budge-Stiftung, ein Senioren- und Pflegeheim in Frankfurt-Seckbach, wo ich eine kreative Schreibwerkstatt leite. Über die Jahreszeiten, das Innen und das Außen, Sonne, Mond und Sterne reichten die Impulse und Schreibaufgaben, die in autobiografischen Skizzen, kurzen Reflexionen oder formlosen Gedichten mündeten. Besonders wertvoll für die Bewohner:innen ist der Austausch, der sich beim Vorlesen der Kurztexte ergibt.

Schreiben hilft in Zeiten des großen Wandels

Wir befinden uns in einem immens großen Umbruch, alles verändert sich und wir tun gut daran, uns den Veränderungen zu stellen und uns bewusst zu werden, was sie für uns bedeuten. Das Schreiben hat zweifellos eine transformative Kraft, die auch für mich in Zeiten des großen Wandels besonders wertvoll ist. 

Erstens ermöglicht das Schreiben mir, meine Gedanken zu organisieren und zu reflektieren, was mir hilft, Klarheit inmitten der Veränderungen zu finden. Es dient als kathartischer Ausdruck, der mir auch erlaubt, meine Ängste, Hoffnungen und Ideen auszudrücken und somit Anspannungen abzubauen. Darüber hinaus hat das geschriebene Wort die Fähigkeit, andere zu inspirieren und zu informieren. Durch das Teilen von Erfahrungen und Erkenntnissen können wir Verbindungen zu anderen herstellen und gemeinsam Lösungen finden. Schreiben ermöglicht auch die Aufzeichnung von Geschichte und Kultur, was uns hilft, die Vergangenheit zu verstehen und die Zukunft besser zu gestalten. Wer weiß, wenn wir in zehn Jahren lesen, was uns heute beschäftigt hat, aus welcher Perspektive wir das wahrnehmen werden. Manches, was uns heute noch fremd ist, wie zum Beispiel die künstliche Intelligenz, wird schon in den nächsten Jahren ganz selbstverständlich in unserem Leben integriert sein und wir werden uns vielleicht wundern, dass wir uns in vielen Bereichen noch so schwer damit getan haben.

Für mich bedeutet das Schreiben so viel. Gerade jetzt, wo sie sich so viel verändert, erlebe ich wieder, wie ich meine Gefühle und Gedanken bewusst wahrnehmen kann, wie ich auch schreibend in die Zukunft schauen kann, indem ich meinen Träumen und Wünschen einen Platz einräume in meinem Alltag.

Interview zum Schreiben über andere

Sehr gefreut habe ich mich, dass ich für „Das Dossier Schreiben – PSYCHOLOGIE HEUTE 3/2024“ von Birgit Schönberger interviewte wurde, ein sechsseitiger Beitrag zum Thema „Schreiben über andere“. Ein Schwerpunkt war, neben den Gründen, warum Menschen ihre Geschichten aufschreiben – welche Fallstricke es geben kann, wenn wir über andere Menschen schreiben. Das ist ein Thema, was mir in jedem Seminar zu autobiografischem Schreiben begegnet, denn alle Menschen, die ihre Geschichte oder die der Familie aufschreiben, schreiben auch über andere. Was darf man schreiben, was besser nicht, wie kann ich authentisch bleiben und doch die Persönlichkeitssphäre des anderen achten.  Das ist nicht immer so leicht. Wenn wir uns jedoch klarmachen, dass eine Autobiografie im Kern zeigen darf, wie ich zu dem Menschen geworden, der ich heute bin, lässt sich die Fragen zu den anderen darauf konzentrieren, welchen Einfluss sie auf mein Leben hatten.

 

Social Media

In diesem Jahr habe ich meine Social Media Aktivitäten noch einmal intensiviert, vor allem auf Instagram, wo ich mehrmals die Woche Inhalte rund ums Schreiben teile – Erinnerungstipps, Schreibanregungen, Impulse zu ressourcenorientierter Biografiearbeit, Kursankündigungen, Hintergrundwissen zum Schreiben von Biografien, Wortschatzübungen und, und, und. Danke Code Couture für die Unterstützung.  Auch auf Facebook bin ich mit den gleichen Inhalten aktiv. 

Auf LinkedIn, dem Business-Netzwerk, veröffentliche ich längere Beiträge zum Wesen des biografischen Schreibens. Zudem pflege ich zusammen mit einem Kollegen den neu errichteten Kanal von LebensMutig e.V.

Schau gerne mal vorbei … und folge den Kanälen. 

Was sonst noch war

Ein neues Lebensjahrzehnt – Transformation durch Akzeptanz

Seit Beginn des Jahres, muss ich ehrlich gestehen, bereitete ich mich innerlich auf das Erreichen meines 60. Lebensjahres vor. Diese Zahl beschäftigte mich im Vorfeld doch sehr. Einer meiner Biografie-Kunden feierte seinen 60. Geburtstag Anfang des Jahres, nahm es freundlich und gelassen – ein kleiner Mut-Macher. Nun ist auch bei mir jener runde Geburtstag gut vorübergegangen und ich darf sagen, dass ich dankbar darauf zurückblicke und auf alles, was ich gerade in den letzten zehn Jahren für mich erreicht habe, beruflich und was meine persönliche Entwicklung betrifft. 

Als dann knapp einen Monat später meine Mutter, die 30 Jahre älter ist als ich, ihren 90. Geburtstag feiern durfte, war ich stolz auf sie, dass sie, die im Krieg groß geworden ist und in ihrem Erwachsenenleben gesundheitlich viele Kämpfe zu bestehen hatte, jetzt dieses hohe Lebensalter erreicht hat. In dem Moment verflüchtigten sich meine gemischten Gefühle, die mich vor meinem 60. Geburtstag bewegt hatten, und von da aus konnte ich geklärt nach vorne schauen. Es ist eben doch vor allem eine Zahl.

Künstlerinnen, Frauengestalten und Fedora

Durch die vielen kleineren Reisen blieb mein Kulturprogramm etwas auf der Strecke. Nichtsdestotrotz habe ich die zwei Ausstellungen, die ich besuchte, in guter Erinnerung.

„Zurück ins Licht. Vier Künstlerinnen – Ihre Werke“ war im Jüdischen Museum in Frankfurt ausgestellt. Die Frauen Erna Pinner, Rosy Lilienfeld, Amalie Seckbach und Ruth Cahn feierten in Frankfurt in den 1920er-Jahre ihre ersten Erfolge als Künstlerinnen. Besonders fasziniert war ich von den farbenfrohen Gemälden und Porträts von Ruth Cahn.

Da ich selbst vor vielen, vielen Jahren mal eine sogenannte „Nana“ plastizierte, war der Besuch der Ausstellung über Niki de Saint Phalle in der Schirn ein spannend erwartetes Muss. Doch nicht nur die übermenschlich großen Figuren beeindruckten mich, auch ihre Zeichnungen und Gemälde, die zum Teil versteckte und dann wieder offene Symbolik, Pop-Art in ihrer überzeugendsten Leuchtkraft.

Das erste Mal seit längerem schenkte ich mir zu meinem Geburtstag einen Besuch in der Oper: „Fedora“, ein Melodram in drei Akten, von Umberto Giordano. Die Oper entführte mich in eine andere Welt und erinnerte mich daran, wie stark eine Oper, live erlebt in einem großen Festhaus, den ganzen Menschen ergreifen kann. Es war pure Freude für mich, zuzuhören und das zum Teil hochdramatische Schauspiel zu erleben, alles vor einem Bühnenbild, das gekonnt Tradition und Moderne verband.

Und worauf freue ich mich 2024?

  • Auf die Weiterarbeit an einem Sachbuch mit Storytelling, was mit der Gegenwart zu tun, und voraussichtlich noch im ersten Halbjahr 2024 erscheinen wird.
  • Das Eintauchen in weitere Lebens- und Familiengeschichten und das Verfassen derselben im Biografie-Service.
  • Viele Seminare, die ich auch 2024 wieder geben werde – autobiografisch, kreativ und/oder meditativ – Aus- und Fortbildungen sowie drei neue Angebote zum Thema „Übergang in den Ruhestand“.
  • Unterstützende Angebote mittels Schreibcoaching und -beratung.
  • Sichtbarkeit in den sozialen Medien und Kommunikation mit der Community.
  • Vertiefung meiner Meditationspraxis, Bewegung im Tanz und hoffentlich viele Naturerfahrungen in Wald und Feld, am See, am Meer und im Gebirge.

Der Jahresrückblick 2023 wurde impulsiert von Judith Peters, Sympatexter. Vielen Dank dafür!